DAS PROJEKT

DAS KONZEPT

Der Auftrag ist klar – unser Theater soll nachhaltig sein. Doch was bedeutet das genau? Welchen Ansatz wir dafür entwickelt haben, worauf wir unseren Fokus legen und welche Ziele wir erreichen wollen, erfährst Du hier.
UNSER ANSATZ
Eine Linie wird zum Kreis

Nachhaltigkeit bedeutet für uns, aus starren Linien einen dynamischen Kreislauf zu machen, der aus dem Zusammenspiel vieler Einzelner zu einem großen Ganzen wird. Das Pilotprojekt Das Grüne Theater strebt daher eine ganzheitliche Betrachtung ökologischer, ökonomischer, sozialer und kultureller Aspekte an. Diese möchten wir auf unsere eigene Arbeitskultur, -struktur und Prozesse anwenden.

 

Aus diesem Grundsatz heraus verfolgt das Pilotprojekt zwei Arbeitsweisen:

 

Die Zusammenarbeit mit externen Unternehmensberater*innen zeigt uns vielfältige Möglichkeiten auf. Im Zuge ihrer Prozessbegleitung haben umfangreiche Evaluierungen und Datenerhebungen notwendige Maßnahmen ergeben, die wir mit den jeweiligen verantwortlichen Mitarbeiter*innen umsetzen. Diese betreffen im Wesentlichen das Gebäude, die Gebäudetechnologie und das Gebäudemanagement.

 

In Vorgesprächen mit Nachhaltigkeitsgruppen anderer Theater haben wir auch erkannt, dass eine Vielzahl wertvoller Ideen aus unseren eigenen Reihen kommen. Das Grüne Theater möchte eine partizipative und gleichberechtigte Arbeitskultur schaffen, die es allen Mitarbeiter*innen ermöglicht, ihre Erfahrungen in die Erarbeitung von Lösungsansätzen einzubringen, konkrete Maßnahmen zu entwickeln und diese eigenverantwortlich umzusetzen. Hierbei bemühen wir uns um eine zyklische Arbeitsweise, um Maßnahmen zu erproben, zu evaluieren und stetig zu verbessern. Dabei glauben wir nicht an die eine, wahre Lösung, sondern bemühen uns Lösungsansätze in ihren Zusammenhängen zu erkennen.

 

In diesem Ansatz sehen wir die Grundlage für einen kontinuierlichen, zyklischen Wandel hin zu einem nachhaltigen Theater: Ganzheitlich gedacht.

UNSER FOKUS
Vom Kleinen ins Große

Nachhaltigkeit ist ein großer Begriff. Innerhalb des Pilotprojekts möchten wir deswegen einen Fokus setzen. Dafür sind wir den Fragen nachgegangen, was wir konkret ändern können und was sich daran anknüpfend beeinflussen lässt, um das Theater nachhaltiger zu gestalten.

 

Schließlich liegt unser primärer Fokus auf jenen Aspekten, die wir tatsächlich in unserer Hand haben. Also starten wir bei uns selbst – bei uns Mitarbeiter*innen im Betrieb. Wie können wir ökologischer, ökonomischer und sozialer – kurzum nachhaltiger – handeln? Für eine Antwort müssen wir unsere eigenen Ressourcen kennen, den Umgang miteinander hinterfragen und alltägliche Prozesse verstehen lernen. Ein kontinuierlicher Dialog untereinander soll zu Wissen und einer Haltung führen, die wir erst im zweiten Schritt an unsere Zuschauer*innen und Gäste herantragen.

 

Das gilt auch für uns als Teil der Bühnen Graz. Wir starten das Experiment im Schauspielhaus Graz im Kleinen, um die gewonnenen Erkenntnisse und vielversprechende Lösungsansätze an größere Strukturen weiterzugeben.

UNSER ZIEL
Nachhaltig denken, nachhaltig handeln

Um dem Auftrag nachzukommen, das Schauspielhaus Graz nachhaltig zu gestalten, haben wir uns Folgendes vorgenommen:

Das Grüne Theater möchte eine Arbeitsweise schaffen, welche seine Bemühungen und Lösungsansätze zu einem integralen Bestandteil des Schauspielhaus Graz und seiner Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit machen.

 

Innerhalb des Pilotprojekts möchten wir Nachhaltigkeit aus unseren eigenen Reihen heraus entwickeln: Wir setzen nicht auf eine formell vorgegebene Schablone, sondern bestärken einen zyklischen Wandel, der Mut macht Dinge eigenverantwortlich auszuprobieren, zu evaluieren und weiterzudenken. Dabei möchten wir uns stets um eine ganzheitliche Betrachtungsweise bemühen.

 

Konkrete Maßnahmen, die wir kontinuierlich erarbeiten und umsetzen, fassen wir in unserem Aktionsplan zusammen und stellen dessen gegenwertigen Arbeitsstand transparent zur Verfügung.

 

Anliegen, Ideen und Lösungsansätze des Grünen Theaters sollen auch an Kooperationspartner*innen und Zuschauer*innen weitergegeben werden. Damit können weitere Kreisläufe erschlossen werden und zu einem großen Ganzen zusammenfinden.

DIE STRUKTUR

Um unsere Ziele zu verwirklichen, hat unsere Erfahrung gezeigt, dass es mehr als den losen Zusammenschluss einer einzelnen Arbeitsgruppe braucht. Das Pilotprojekt hat eine stabile Struktur entwickelt, die an allen Ebenen des Betriebs ansetzt. So können wir bereichs- und positionsübergreifend nötige Veränderungen gemeinsam erarbeiten, umsetzen und evaluieren. Erfahre hier mehr.
DIE PROJEKTLEITUNG
Wie können wir das Projekt langfristig aufbauen?

Für den Start eines so umfassenden Vorhabens haben wir uns für den Einsatz einer Projektleitung entschieden. Diese setzt sich mit der normativen und strategischen Projektentwicklung auseinander. Darüber hinaus sichert sie die Zusammenarbeit und Kommunikation mit der Theaterleitung und allen Bereichs- und Abteilungsleiter*innen.

 

Die Projektleitung traf sich wöchentlich und bestand bis Dezember 2022, um ihre Aufgaben schließlich an die Lenkungsgruppe zu übergeben.

DIE LENKUNGSGRUPPE
Wie können wir das Projekt kommunizieren und weitertragen?

Unsere Lenkungsgruppe unterstützt sowohl die Projektleitung als auch die Arbeitsgruppen. Sie entwickelt die Projektstruktur und -strategie stetig weiter und ist kommunikatives Bindeglied zwischen dem Projekt und den Mitarbeiter*innen, Kooperationspartner*innen und Zuschauer*innen des Schauspielhaus Graz. Die Lenkungsgruppe trifft sich wöchentlich.

 

Mit der geplanten Auflösung der Projektleitung gingen deren Aufgaben an die Lenkungsgruppe über.

DIE ARBEITSGRUPPEN
Welche Lösungsansätze finden wir in unseren eigenen Reihen?

Unsere Arbeitsgruppen bestehen aus engagierten Mitarbeiter*innen, die Lösungsansätze und konkrete Maßnahmen zu vielfältigen Themenbereichen der Nachhaltigkeit entwickeln. Dabei spielen eigene persönliche und betriebliche Erfahrungen im Rahmen von partizipativen und gleichberechtigten Gesprächsformaten eine wesentliche Rolle. Auch das eigenverantwortliche Umsetzen der erarbeiteten Ziele – gemeinsam mit den zuständigen Kolleg*innen – ist dabei essentieller Bestandteil der Zugehörigkeit und Teilhabe hin zu neuen Formen der Arbeitskultur.

 

Die Arbeitsgruppen treffen sich zweiwöchentlich innerhalb ihrer Arbeitszeiten.

 

Du findest weitere Informationen zu unseren Arbeitsgruppen im Bereich:

 

DIE ARBEITSGRUPPEN

DER VERLAUF

Wir haben uns Schritt für Schritt in neue Gewässer und auf unbekanntes Terrain gewagt. Welche Ziele wir uns vorgenommen haben, wie wir uns den Weg dorthin gebahnt haben und zu welchen Ergebnissen uns das geführt hat, erfährst Du hier.

SP 2020.21

ERSTE PHASE

ZIELSETZUNG​
Vorbereitung & Konzeptentwicklung

Wir starten mit der grundsätzlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit im Allgemeinen und speziell mit Nachhaltigkeit in Kulturinstitutionen.

 

Zusätzlich geht es an die Entwicklung einer Projektstruktur und einer langfristig und ganzheitlich ausgelegten Projektstrategie, als Ergebnis eigener Überlegungen und auf Basis von Erfahrungsberichten aus diversen Nachhaltigkeitsgruppen anderer Theater.

TIMELINE​
Zeitraum 09.2020 - 08.2021

09.2020

 

Klausur des Leitungsteams: Intendantin Iris Laufenberg setzt das Thema Nachhaltigkeit auf die Agenda des Schauspielhaus Graz.

 

12.2020

 

Kontaktaufnahme mit und Beratung durch Dr.in Regina Preslmair (Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie).

 

Kontaktaufnahme mit und Beratung durch Dr.in Mag.a Karin Dullnig (Ecoversum – Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften).

 

01.2021

 

Ausstattungsleiter des Schauspielhaus Graz, Frank Holldack, übernimmt die Projektleitung.

 

Es finden weiterführende Gespräche sowie die Entwicklung eines Workshops für die Mitarbeiter*innen des Schauspielhaus Graz mit Ecoversum statt. Diese haben das Ziel, alle Abteilungen des Hauses in das Projekt einzubinden und auch durch einen Bottom-Up-Ansatz mögliche Aktionsbereiche zu eruieren.

 

03.2021

 

Betriebsversammlung zum Thema Nachhaltigkeit: Frank Holldack präsentiert das Projekt allen Mitarbeiter*innen des Schauspielhaus Graz.

 

Workshop in Begleitung von Ecoversum mit Vertreter*innen aller Abteilungen zum Thema ökologische Nachhaltigkeit im Unternehmen werden abgehalten.

 

Beginn der ökologischen Evaluierung der Schauspielhaus Graz GmbH auf Grundlage des Ökoprofit­ Berichts durch das Umweltamt der Stadt Graz, welcher dem Schauspielhaus Graz bereits im Jahr 2015 ausgestellt wurde.

 

05.2021

 

Frank Holldack informiert im Rahmen eines Gesprächs Mag. Bernhard Rinner (Geschäftsführer der Theaterholding Graz) über das Pilotprojekt.

 

Frank Holldack informiert im Rahmen eines Gesprächs mit Landesrätin Mag.a Ursula Lackner die Landesregierung über das Pilotprojekt.

 

Frank Holldack wird als Vertreter des Schauspielhaus Graz Mitglied des Green Theatre Committee der European Theatre Convention (ETC). Ihr Ziel ist die Erarbeitung europäischer Richtlinien und Aktionspläne hinsichtlich Nachhaltigkeit in Kulturbetrieben.

 

Frank Holldack vertritt das Schauspielhaus Graz in der Initiative „Kreislaufwirtschaft in Kulturinstitutionen“ der Kulturstiftung des Bundes, Deutschland.

 

06.2021

 

Erfahrungsaustausch mit diversen Nachhaltigkeitsgruppen verschiedener Theater; Evaluierung der Erfahrungsberichte.

 

Das Green Theatre Committee präsentiert während der International Theatre Conference der European Theatre Convention (ETC), – deren Gastgeber im Juni 2021 das Schauspielhaus Graz war –, den ersten europäischen Aktionsplan. Vortrag von Frank Holldack über den Beginn des Pilotprojekts und Nachhaltigkeit in Kulturinstitutionen.

ERGEBNISSE
Struktur, Strategie & Maßnahmen

Erste Projektstruktur

 

Die Projektstruktur soll integraler Bestandteil des Schauspielhaus Graz werden. Sie umfasst:

  • die Projektleitung mit Verbindung zur Theaterleitung und allen Bereichs- und Abteilungsleiter*innen der zweiten Leitungsebene
  • die Lenkungsgruppe zur Unterstützung der Projektleitung und zuständig für die weiterführende Betreuung und strategisch-normativen Entwicklung des Projekts
  • die „Grüne Mission“ als kommunikatives Bindeglied zwischen Projekt und den Mitarbeiter*innen des Schauspielhaus Graz
  • die Arbeitsgruppen der Mitarbeiter*innen zur Entwicklung von Lösungsansätzen und konkreten Maßnahmen vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen im Rahmen partizipativer und gleichberechtigter Gesprächsformate (zunächst ohne feste Arbeitszeiten)

 

Erste Projektstrategie

 

Aufgrund der Umfänglichkeit des Themas bedarf es einer Fokussierung und Priorisierung. Das Pilotprojekt konzentriert sich zunächst auf das Schauspielhaus Graz und all die Aspekte, die das Unternehmen bzw. dessen Mitarbeiter*innen tatsächlich ändern können. Hierbei wird eine ganzheitliche Betrachtung angestrebt, um die Unternehmenskultur, -struktur und -prozesse in großen Zusammenhängen zu erfassen. Damit wird das Ziel verfolgt, Lösungen und Maßnahmen mit einem möglichst großen Wirkungsgrad zu identifizieren und vorrangig umzusetzen. Hierzu ist eine umfangreiche Datenerhebung zur Bestimmung des Ausgangspunkts notwendig.

 

Außerdem soll die Arbeitsweise der Arbeitsgruppen in die gesamte Unternehmenskultur des Schauspielhaus Graz wirken: ein gemeinschaftliches Verständnis für Nachhaltigkeit, Zugehörigkeit, Teilhabe und das aktive Gestalten des Unternehmens durch alle Mitarbeiter*innen sind dabei wesentliche Schlagworte.

 

Erste Maßnahmen

  • vollständige Überarbeitung des Abfallmanagements mit einer neuen Infrastruktur: Mülltrennstationen auf allen Etagen
  • Wasserspender an ausgewählten Standorten im Schauspielhaus Graz
  • Mehrwegtrinkflaschen für alle Mitarbeiter*innen

SP 2021.22

ZWEITE PHASE

ZIELSETZUNG​
Analyse & Datenerhebung

In der zweiten Phase geht es um die Festigung und Weiterentwicklung der Projektstruktur und Projektstrategie.

 

Wir starten eine umfangreiche Datenerhebung in allen Bereichen des Unternehmens als Vorbereitung für einen Aktionsplan.

TIMELINE​
Zeitraum 09.2021 - 08.2022

09.2021

 

Klausur des Leitungsteams des Schauspielhaus Graz: Frank Holldack präsentiert der Theaterleitung die Projektstruktur und -strategie. Das Pilotprojekt wird zur Schlüsselstrategie des Schauspielhaus Graz in Hinblick auf Nachhaltigkeit und in den Unternehmenszielen verschriftlicht.

 

Die Projektstruktur wird mit den Projektrollen und dazugehörigen Aufgaben aller Organe etabliert.

 

Es werden zunächst sechs, in der Folge acht Arbeitsgruppen gegründet und nehmen ihre Arbeit zu folgenden Themen auf: Diversität, Familie & Kind, Gesundheit & Wohlbefinden, Kommunikationskultur, Spielplan & Inhalte, Sexismus & Rassismus, Mobilität & Gastspiele, Nachhaltiges Bühnen- & Kostümbild.

 

Beginn der Analyse und Datenerhebung in Form von persönlichen Gesprächen, Datenabfragen, Umfragen bei den Mitarbeiter*innen und Abteilungen des Schauspielhaus Graz – zunächst in Anlehnung an die Theatre Green Book (green buildings, green operations, green productions).

 

12.2021

 

Workshop in Begleitung von Michael Müller (Covolution – Transformationsexpert*innen) mit Teilnehmer*innen der Arbeitsgruppen zum Thema soziokratische Gruppenarbeit und Konsentmethode mit Ausblick auf Kreisstrukturorganisation wird abgehalten.

 

01.2022 – 05.2022

 

Das Schauspielhaus Graz – mit insgesamt zehn Mitarbeiter*innen – ist eines von 15 Theatern, die am Pilotprojekt „Ki Futures“ des ETC teilnehmen. (Das Projekt der Organisation Ki Culture, die Kulturinstitutionen dabei unterstützt nachhaltiger zu werden, widmet sich erstmals speziell dem Bereich der Darstellenden Kunst und bietet den Teilnehmenden die Möglichkeit zur Mitgestaltung und Mitwirkung an der Entwicklung des Programms.)

 

02.2022

 

Das Programm Miro wird als digitales Werkzeug für die Arbeitsgruppen eingeführt. Es umfasst allgemeine Informationen, spezifische Arbeitsblätter und Austauschmöglichkeiten für die Teilnehmer*innen der Arbeitsgruppen.

 

03.2022 – 05.2022

 

Die Zusammenarbeit im Green Theatre Committee zuzüglich Paddy Dillion (Autor der theatregreenbooks) mit dem Ziel eines europäischen „Toolkits für Nachhaltigkeit“ wird fortgesetzt.

 

02.2022 – 05.2022

 

Interviews mit APA, Kleine Zeitung, Der Standard, Theater der Zeit etc. werden geführt.

 

06.2022

 

Präsentation des ETC Toolkit im Rahmen des New European Bauhaus-Festivals. Frank Holldack spricht über Nachhaltigkeit in Kulturinstitutionen und nachhaltige Betriebskultur.

 

Die Datenerhebung wird um die Kriterien des „Abfallwirtschaftskonzept Plus“ (Ecoversum) als Teil der Vorbereitung für die Prüfung zum Österreichischen Umweltzeichen erweitert.

 

Es gibt einen ersten Informationsaustausch mit der TSG (Ingo Reinhard) in Hinblick auf zukünftige Kooperation.

 

Erste Gespräche mit Andrea Vilter, der designierten Intendantin des Schauspielhaus Graz, in Hinblick auf gemeinsame Strategien und den Fortbestand des Projekts, werden geführt.

 

Im Laufe der Saison:

 

Frank Holldack gibt Impulsvorträge und teilt mit verschiedenen Theatern in Österreich und Deutschland die Erfahrungen aus der eigenen Arbeit.

ERGEBNISSE
Struktur, Strategie & Maßnahmen

Zweite Projektstruktur & -strategie

 

Das Projekt wird von den Mitarbeiter:innen mitgetragen: Etwa ein Drittel der Belegschaft engagiert sich aktiv in den Arbeitsgruppen.

 

Im Verlauf dieser Phase zeigen sich folgende Schwierigkeiten:

 

Kommunikation nach innen: Newsletter und lnfo-E-Mails haben sich als unzureichendes Kommunikationsmittel herausgestellt. Dem entgegen werden die persönlichen Gespräche der Grünen Mission gut angenommen.

 

Kommunikation nach außen: Das Projekt ist unzureichend in seiner Vollständigkeit abgebildet. Eine umfänglichere Darstellung des Projekts ist dringend erforderlich.

 

Kontinuität der Gruppenarbeit: Die Arbeitsgruppen haben Schwierigkeiten, die Gruppenarbeit in ihren Arbeitsalltag zu integrieren.

 

Diesen Hindernissen wird mit einer Anpassung der Struktur und Strategie begegnet:

 

Die Projektleitung berichtet (seit 03.2022) der Theaterleitung im Rahmen der wöchentlichen Leitungsrunden über den aktuellen Stand des Projekts.

 

In Zusammenarbeit mit der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit wird die Kommunikationsstrategie überarbeitet und umfasst nun die Entwicklung und Planung einer Internetseite als zentrales Kommunikationsinstrument, verschiedene Aushänge mit QR-Code-Verlinkungen für Mitarbeiter*innen und Zuschauer*innen sowie spezielle Info-Aktionen (analog und digital).

 

Darüber hinaus wird die Lenkungsgruppe umstrukturiert und erhält eine eigene Kommunikationsleitung. Ebenso wird die „Grüne Mission“ fortan Teil der Lenkungsgruppe.

 

Ab der Saison 2022.23 werden feste und regelmäßige Arbeitszeiten (zweiwöchentlich) für die Arbeitsgruppen ermöglicht.

 

Abschluss der Analyse bzw. Datenerhebung

 

In folgenden Bereichen haben wir umfassende Analysen und Datenerhebungen vorgenommen:

  • Energie, Wasser und Ressourcen
  • Abfallmanagement
  • Gebäudesubstanz, Gebäudetechnologie, Gebäudemanagement
  • Technologie, Verbrauchs- und Gefahrenstoffe, sowie Prozesse in allen Abteilungen des Schauspielhaus Graz
  • Mobilität
  • Gastronomie
  • Klimaschutz und Biodiversität
  • Kommunikationsstruktur/ -kultur
  • Gleichberechtigung und Vielfalt
  • Soziale Nachhaltigkeit

 

Weitere Maßnahmen

  • Vorbereitung einer Grauwasser-Anlage im Rahmen der Garderoben-Umbauten
  • Fassadenbegrünung
  • dauerhafte Tauschbörse für alle Mitarbeiter*innen
  • Prüfung gemeinsam mit externer Facility-Firma für den Einbau einer Regenwasser­ Anlage: Aufgrund zu großen Aufwands als nicht sinnvoll erachtet
  • Prüfung für eine Photovoltaik-Anlage, Gutachten durch externe Firma: Aufgrund der Altstadtgesetzte Graz nicht erlaubt

SP 2022.23

DRITTE PHASE

ZIELSETZUNG​
Aktionsplan & Umsetzung

Es soll ein umfassender Aktionsplan mit kurz-, mittel-, und langfristigen Zielen zusammengestellt werden – in Anlehnung an das „Abfallwirtschaftskonzept Plus“, das Österreichische Umweltzeichens (UZ 200 und UZ 209) sowie auf der Grundlage der Datenerhebungen der Saison 2021.22 und den Ergebnissen der Arbeitsgruppen.

 

Alle Informationen und Hintergründe, einschließlich des Aktionsplans und der Ergebnisse der Arbeitsgruppen, werden transparent auf einer Internetseite dokumentiert. Der Aktionsplan wird ein lebendiges Dokument. Der aktuelle Stand ist stets öffentlich zugänglich.

 

Ausgehend vom Aktionsplan werden schrittweise Maßnahmen umgesetzt. Alle Maßnahmen werden zunächst in einer Testphase realisiert und anschließend mit den Verantwortlichen bzw. den beteiligten Mitarbeiter*innen in Hinblick auf ihre Wirksamkeit und Umsetzbarkeit im Arbeitsalltag evaluiert und gegebenenfalls korrigiert.

 

Erfolgreiche Integration des Grünen Theaters mit seinen Arbeitsgruppen und den daraus resultierenden fortlaufenden Maßnahmen ins Schauspielhaus Graz.

TIMELINE​
Zeitraum 09.2022 - 08.2023

09.2022

 

Das Schauspielhaus Graz bereitet sich auf die Prüfung für das Österreichische Umweltzeichen vor. Somit haben gegenwärtig die Analyse, Auswertung und Maßnahmenumsetzung der MUSS-Kriterien (UZ 200) und anteilig der SOLL-Kriterien (UZ 209) Priorität (und sind in Folge auch ein Teil des Aktionsplans). Hierfür sind nun alle Mitarbeiter*innen, einschließlich aller Leitungsebenen, in das Projekt integriert.

 

Die projektbezogene Kommunikationsleitung erarbeitet zusammen mit der Projektleitung eine neue Strategie und Struktur für die zukünftige Internetseite. Ziel ist es hierbei auch, den Diskurs zu erweitern und aktiv unsere externen Produktionsteams und Gäste sowie das Publikum zukünftig zu integrieren.

 

Die Theaterpädagogik (Schauspielhaus Aktiv) sowie die Arbeitsgruppen beginnen mit der umfangreichen Er- und Überarbeitung von Leitfäden und Richtlinien zu vielfältigen Themen der Nachhaltigkeit.

 

 

10.2022

 

In einer Testphase werden neue Kriterien in der hauseigenen Schneiderei festgelegt: Vorerst werden nur noch Textilien aus dem Stofffundus der TSG beziehungsweise mit ISO-TYP-1-Zertifizierung (oder vergleichbarer Zertifizierung) verarbeitet.

 

Erste Gespräche mit „nachhaltig-in-graz.at – Verein zur Förderung eines nachhaltigen Lebensstils in Graz“ für eine Kooperation: Eine Weiterentwicklung der App für mehr Anwenderfreundlichkeit für Bühnen- und Kostümbildner*innen wird evaluiert.

 

 

11.2022

 

Das Schauspielhaus Graz wird zur Prüfung für das Österreichische Umweltzeichen angemeldet und beginnt mit dem Hinterlegen der notwendigen Daten und Informationen in einer zentralen Datenbank.

 

Frank Holldack ist zur MEET 2022 in Wien eingeladen. In einer Roundtable Diskussion, moderiert von Margarete Reichel-Neuwirth (FG OETHG), spricht er über die ganzheitlichen Ansätze des Grünen Theaters und stellt sich gemeinsam mit anderen Gästen der Frage: „Nachhaltigkeit am Theater – Geht das denn?“

ERGEBNISSE
Struktur, Strategie & Maßnahmen

Diese Informationen erfolgen nach Beendigung dieser Projektphase.

KOOPERATIONEN

Wir verstehen Kooperationen als essentiellen Bestandteil nachhaltigen Handelns. Nur das Zusammenspiel vieler Einzelner, so sind wir überzeugt, führt zu einem nachhaltigen Ganzen. Im Grünen Theater haben wir uns für die Zusammenarbeit mit folgenden Partner*innen entschieden.

01

BERATUNG & WEITERBILDUNG

Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
Beratung, Prozessbegleitung & Workshops

Das Netzwerk Ecoversum, mit Dr.in Mag.a Karin Dullnig als unsere Hauptansprechpartnerin, ist unsere längste bestehende Kooperation. Sie hat uns den ersten Einstieg ins nachhaltige Wirtschaften gezeigt sowie grundsätzliche Überlegungen dazu mit auf den Weg gegeben.

 

Diese haben zu einem großen Kick-off-Workshop für Vertreter*innen aller Abteilungen des Theaters geführt. Daraus ergab sich unter anderem die Grundlage für die partizipative Vorgehensweise unserer Arbeitsgruppen.

 

Auch in der darauffolgenden Projektphase „Analyse und Datenerhebung“ hat Ecoversum unterschiedliche Möglichkeiten aufgezeigt und bei dessen Durchführung unterstützt.

 

In weiterer Folge war das Netzwerk auch bei der Findung unserer konkreten Ziele involviert und hat das Schauspielhaus Graz schließlich für das Österreichische Umweltzeichen vorbereitet.

 

www.ecoversum.at

Soziokratische Organisationsformen und Entscheidungsstruktur
Beratung & Workshops

In der Zusammenarbeit mit Covolution haben Teilnehmer*innen unserer Arbeitsgruppen im Rahmen eines zweitägigen Workshops Wissen über soziokratische Organisationsformen gesammelt und das Konsentverfahren näher kennengelernt.

 

Unser Ziel war es, mit neuen Formen der Entscheidungsfindung zu experimentieren und Gleichberechtigung und Partizipation innerhalb des Grünen Theaters zu fördern.

 

www.covolution.eu

Ki Culture Sustainability Training Pilot Programm
Internationales Ausbildungsprogramm für Nachhaltigkeit in Kulturbetrieben

Das Trainingsnetzwerk Ki Culture hat uns in einer umfangreichen Workshopreihe zum Thema „Ganzheitliche Betrachtung und Vermittlung von Nachhaltigkeit“ neue Perspektiven für das weitere Vorgehen aufgezeigt.

 

Als eines von 15 Theatern durften wir an dieser Kooperationsinitiative der European Theatre Convention (ETC) und Ki Future mit zehn Mitarbeiter*innen teilnehmen.

 

www.kiculture.org

02

NETZWERK

Green Theatre Committee
Europäisches Theaternetzwerk für Nachhaltigkeit

Die ETC ist ein europäisches Netzwerk öffentlicher Theater und versteht sich als internationale Plattform zur Förderung von „Dialog, Demokratie und Interaktion.“

 

Mit der Gründung des Green Theatre Committee (2021) verfolgt die ETC nun auch starke Nachhaltigkeitsziele, die langfristig zu europäischen Richtlinien für Nachhaltigkeit in der Theaterkultur führen sollen.

 

Das Schauspielhaus Graz ist seit 2021 aktives Mitglied.

 

www.europeantheatre.eu

03

MOBILITÄT

Verkehrsverbund der Steiermark
Kooperationspartner der Bühnen Graz

Als Unternehmen der Bühnen Graz profitiert das Schauspielhaus Graz von ihrer Kooperation mit Verbund Linie.

 

Aus dieser entstand das „Freie Fahrt“-Ticket: Die Theaterkarte gilt in den Stunden rund um die jeweilige Veranstaltung als Gratis-Fahrkarte für alle öffentlichen Verkehrsmittel im Verkehrsbund Steiermark.

 

Damit können wir auch unser Publikum für nachhaltige Mobilität begeistern.

 

www.buehnen-graz.com

Upcycling Fahrradhändler
Fahrrad-Flotte, Elektro-Lastenfahrrad, Reparatur & Service

Nach dem Motto „Es wird nichts verschwendet, sondern alles verwendet“, betreibt Bernhard Kober seit 2009 seine Fahrradwerkstatt Muchar Upcycles.

 

Durch ihn kamen wir zu unserer Fahrradflotte bestehend aus upgecycelten Einzelstücken. Diese stellen wir unseren Mitarbeiter*innen kostenlos zur Verfügung, um ihnen eine nachhaltige Mobilität auch während den Arbeitszeiten zu ermöglichen.

 

www.mucharupcycles.com

04

KLIMASCHUTZ & BIODIVERSITÄT

Stromversorger der Bühnen Graz
Strom aus 100% erneuerbaren Energien

Seit 2019 beziehen die Spielstätten und Unternehmen der Bühnen Graz ihren Strom von der Elektrizitätswerk Gösting V. Franz GmbH.

 

Diese bietet atomstromfreien und Co2-neutralen Strom aus überwiegend Wind- und Wasserkraft.

 

So können wir unseren ökologischen Fußabdruck um einen weiteren großen Faktor reduzieren.

 

www.ewg.at

Ingenieursbüro für Garten- & Landschaftsarchitektur
Die Fassadenbegrünung

Ing. Gertraud Monsberger hat uns beim Entwurf, der Planung und der Umsetzung unserer Fassadenbegrünung unterstützt.

 

Mit diesem Herzensprojekt hoffen wir, einen wertvollen Betrag zur Verbesserung des städtischen Mikroklimas und zum allgemeinen Wohlbefinden der Menschen in der Stadt zu leisten.

 

www.gartenarchitektin.at

FÖRDERUNGEN

Wer sich nachhaltig verbessern möchte, dem wird geholfen. Stadt, Land und Bund bieten eine Vielzahl an Fördermöglichkeiten. Das Grüne Theater hat bei den folgenden Stellen um Förderungen angesucht und erhalten:
Impulsberatung, Erstberatung & Potentialanalyse

Die Wirtschaftsinitiative Nachhaltige Steiermark bietet Unternehmen die Möglichkeit, geförderte Impulsberatungen und Potentialanalysen zu ausgewählten Umweltaspekten in Anspruch zu nehmen.

 

Diesem Angebot sind wir gerne nachgekommen und haben dankenswerterweise eine Förderung für die Erstberatung durch Ecoversum und für die Potentialanalyse unserer Fassadenbegrünung erhalten.

 

Ein Blick auf die Seite der WIN Steiermark lohnt sich also.

 

www.win.steiermark.at

Umweltförderung: Urbane Begrünung

Das Umweltamt der Stadt Graz bietet Förderungen für die Beratung und Errichtung von Dach- und Fassadenbegrünungen.

 

Weitere Informationen findest du auf der Seite der Stadt Graz.

 

www.graz.at

PRESSE

SPIELZEITHEFT 2021.22​​
2021-09-01 / Frank Holldack
Theater in Zeiten des Ökozids: Das Grüne Theater
Keine Emotion beraubt den Geist so vollständig von seinen Möglichkeiten zu handeln und zu denken wie die Angst. (Edmund Burke)​

Und heute ist sie da, die Angst, denn die Zeichen für den Klimawandel und fortschreitenden Ökozid sind allgegenwärtig und nicht mehr zu leugnen.

 

Die Hintergründe für diese globale Krise sind offenkundig: Haben wir doch zum einen den Menschen zum „Herrscher und Besitzer der Natur“ (René Descartes) gekrönt und zum anderen eine Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung entwickelt, die unser Leben, Denken und Handeln dem Streben nach Kapital und dem Zwang nach unendlichem, wirtschaftlichen Wachstum unterwirft.

 

Unendliches Wachstum? Auf einem Planeten? Mit endlichen Ressourcen?

 

Diese Gleichung kann nicht aufgehen! Doch keine Angst, Wirtschaftsexpert*innen zufolge gibt es einen Ausweg, vielleicht den einzigen Ausweg, der humanistisches Maß hat: Das Wachstum muss verschwinden oder, anders formuliert, der dynamisch wachsende Kapitalismus muss durch einen bewusst herbeigeführten Mangel in eine statische Kreislaufwirtschaft transformiert werden.

 

Das ist die Vision. Doch zwischen dem Status Quo und dieser Vision klafft eine große Lücke und die weitaus größere Frage: Wie soll das gehen?

 

Wie kann ein historisch und kulturell tief verwurzeltes, global verflochtenes und vielschichtiges System durch einen Mangel verändert werden, ohne wirtschaftliche und soziale Krisen zu verursachen?

 

Wie kann dieser Mangel, der im Kern auf einem kollektiven Verzicht und damit auf einem neuen gesellschaftlichen Verständnis beruhen muss, gerecht verteilt werden, ohne soziale Missstände oder gar Bürgerkriege nach sich zu ziehen?

 

Wie kann dieses neue gesellschaftliche Verständnis vermittelt, gefördert und erlernt werden, ohne Ängste zu schüren, die – wie uns die Geschichtsschreibung lehrt – oft den Nährboden für totalitäre Ideen bereiten?

 

Dies sind die Fragen unserer Zeit, wie sie u. a. im Ecosalon auf der Theaterplattform nachtkritik.de gestellt wurden. Und dies sind die Herausforderungen, denen wir uns zukünftig stellen müssen und die deutlich umreißen, welche neue gesellschaftliche Verantwortung auch den Theatern, den Autor*innen, den Künstler*innen und den Theaterschaffenden künftig zukommen wird.

 

Eine Verantwortung, die nicht mehr nur darin bestehen kann, mahnende Schreckbilder einer apokalyptischen Zukunft zu zeichnen, derer wir uns längst gewahr sind, die uns verängstigt, die uns lähmt. Vielmehr sollten wir danach streben, neue Narrative und auch Praktiken zu entwickeln, die diesen Wandel erproben und befeuern. Geschichten, die uns ermutigen, den notwendigen Verzicht als eine Möglichkeit der Freiheit zu begreifen, um gemeinsam die gewaltige Lücke zwischen Gegenwart und Zukunft zu schließen. Geschichten, die uns unsere Ängste nehmen, die uns beherzt denken lassen und zu mutigem Handeln inspirieren.

 

Im März 2021 startete am Schauspielhaus Graz das Pilotprojekt DAS GRÜNE THEATER. Auf Initiative der Theaterleitung und in Zusammenarbeit mit allen Mitarbeiter*innen und der Unternehmensberatung ecoversum haben wir begonnen, das Schauspielhaus und unsere Theaterarbeit im Sinne der Nachhaltigkeit zu durchleuchten und verstärkt Maßnahmen zu setzen, die wir in Kürze auf unserer Website vorstellen und hier auch zukünftig mit euch teilen möchten.

 

Unsere Bemühungen zeigen aber auch, dass sich das Konzept der Nachhaltigkeit weit über die Themenkreise der Ökologie, des Umwelt- und Klimaschutzes und der Ressourcenschonung erstreckt und dass wir erheblich mehr leisten müssen, als ein paar wohlgesetzte infrastrukturelle Maßnahmen.

 

Denn so wie die Gesellschaft im Großen haben auch die Theater als Gesellschaft im Kleinen mit der Idee der künstlerischen Freiheit eine ganz eigene Begründung dafür geschaffen, die Verschwendung, Übermaß und Verantwortungslosigkeit, aber auch starre hierarchische Machtstrukturen, soziale Ungerechtigkeit und Ungleichheiten rechtfertigt. Es wird also nicht reichen, dass wir nur die Geschichten ändern, die wir euch freudig allabendlich auf unseren Bühnen präsentieren. Auch wir müssen uns ändern, Verzicht lernen und neue Strukturen schaffen.

 

Diesen Herausforderungen möchten wir uns stellen!

 

Lasst uns gemeinsam denken, gemeinsam handeln – angstfrei!

 

Frank Holldack – Projektleiter Das Grüne Theater / 2021-09-01

APA
2022-02-15
Grazer Schauspielhaus wird "Grünes Theater"
Von der Entsorgung der Bühnenbilder bis zur chemiefreien Reinigung der Kostüme: Das Schauspielhaus Graz setzt auf ökologische, ökonomische, aber auch sozio-kulturelle Nachhaltigkeit.

Das Grazer Schauspielhaus möchte mit dem Pilotprojekt „Das Grüne Theater“ im eigenen Betrieb Maßnahmen im Sinne ökologischer, ökonomischer, aber auch sozio-kultureller Nachhaltigkeit setzen. Dabei geht es nicht nur um sortenreine Zerlegung der Bühnenbilder und chemiefreie Reinigung der Kostüme. „Der ganzheitliche Blickwinkel macht das Grüne Theater aus“, betonte Projektleiter Frank Holldack im APA-Gespräch.

 

Die heute üblichen Standards von ökologisch nachhaltigem Wirtschaften wurden am Schauspielhaus schon länger umgesetzt, dafür gab es 2015 auch die Auszeichnung als „Ökoprofit“-Betrieb. Das Pilotprojekt, das im März 2021 gestartet wurde, geht weit darüber hinaus und zielt darauf ab, den Begriff Nachhaltigkeit zu erweitern und in drei Bereichen umzusetzen. Der ökologische Aspekt betrifft Umwelt- und Klimaschutz sowie Ressourcenschonung, ökonomische Überlegungen prägen die Kommunikations- und Arbeitsstruktur, und auf sozial-kulturellem Gebiet soll auf soziale Ungleichheiten, Machtstrukturen und Gesundheit geachtet werden.

 
THEATER HAT VERANTWORTUNG

 

„Theater hat als öffentlicher Raum für Reflexion, Perspektivenwechsel und somit gedanklichen und intellektuellen Diskurs nicht nur auf künstlerischer Ebene eine Verantwortung, sich unter anderem den drängenden Themen unserer Zeit zu widmen“, betonte Schauspielhaus-Intendantin Iris Laufenberg. Auch als Theater-Betrieb müssten interne Strukturen geprüft und reflektiert und gegebenenfalls optimiert werden, um den dringend notwendigen Wandel in der Klimakrise einzuleiten. Zudem möchte das Schauspielhaus zeigen, „dass nachhaltiges Wirtschaften auch im Kulturbetrieb und in unserem Alltag möglich ist. Es ist allerhöchste Zeit, vom Reden ins Handeln kommen“, meinte die Intendantin.

 

So sorgen nun Arbeits- und Projektgruppen, die sich die unterschiedlichen Möglichkeiten genau anschauen, für die praktische Umsetzung. Bühnenbilder werden schon in Hinblick auf Zerlegbarkeit und gute Trennbarkeit konstruiert und anschließend sortenrein verwertet. Dazu wird beispielsweise Metall getrennt und nach Möglichkeit wiederverwendet. „Schwierig sind die Verbundstoffe, die auf den Rahmen aufgeklebt sind. Ebenso Styropor, da diese Teile oft vollständig verklebt sind und dann nicht getrennt werden können“. Hoffnung setze man nun auf einen neuen Stoff, der aus der Architektur kommt, myzel-basiert und auch brandsicher sei, erzählte Holldack. Die Materialrecherchen gehen aber weiter, derzeit läuft die Suche nach neuen Styroporklebern, die es ermöglichen, die einzelnen Schichten besser abzuheben.

 
NACHHALTIGE MASSNAHMEN IM SCHAUSPIELHAUS GRAZ

 

Die Kostüme „gehören zum Schwierigsten, es gibt da viele Ansätze“, meinte der Projektleiter. „Die Arbeitsweise, dass man ein T-Shirt um 2,50 Euro kauft, geht heute gar nicht mehr.“ Man versuche, die Kostümverantwortlichen auch dahingehend zu sensibilisieren, bestimmte Marken nicht mehr zu bedienen und empfiehlt Kataloge mit nachhaltigen Produkten.

„Wir versuchen, im Großen und Ganzen auf umweltfreundliche Materialien zurückzugreifen. Das ist aber nicht immer möglich wegen der Farben und Texturen, die künstlerisch gebraucht werden“, schilderte Claudia Goll, Leiterin der Kostümwerkstätten. Kunstfasern seien zwar nicht umweltfreundlich und zudem schwer abbaubar, aber auch Naturstoffe wie Baumwolle seien nicht unproblematisch, so Goll. „Baumwolle, vor allem weiß gebleichte, wird mit starken Pestiziden und Bleichmitteln bearbeitet und ist für die Umwelt eher schädlich als so manche Kunstfaser.“ Dazu komme noch, dass umweltfreundliche Stoffe rund ein Drittel teurer seien, bemerkte die Kostüm-Chefin. Gar nicht mehr neu angeschafft werden echte Pelze, aber was im Fundus vorhanden ist, werde natürlich weiter verwendet. Bei der Reinigung der Kostüme setzt das Schauspielhaus auf einen sogenannten Ozonschrank, in dem die Kleidung mittels aktivem Sauerstoff gereinigt wird und daher auf Chemikalien verzichtet werden kann.

 
„DAS GRÜNE THEATER“

 

Weiters wurde die Arbeits- und Publikumsbeleuchtung auf LED umgestellt, ein E-Bus und ein E-Lastenrad für Dienstwege angeschafft, und beim Papier setzt man nicht nur auf recycelte Ware, sondern versucht es beispielsweise durch den Einsatz von Tablets bei Textbüchern ganz zu vermeiden.

 

Mit dem Pilotprojekt „Das Grüne Theater“ nimmt das Schauspielhaus Graz eine Vorreiterrolle ein und stellt sich „in allen Bereichen dem Thema Nachhaltigkeit. Wir diskutieren, testen, reflektieren und optimieren. Unsere gewonnenen Erkenntnisse teilen wir auf nationaler Ebene, etwa mit den beiden Initiativen ‚Strategie Kunst Kultur 22‘ und ‚Kreislaufwirtschaft in Kulturbetrieben‘, sowie auf internationaler Ebene, mit den Mitgliedern der European Theatre Convention (ETC) in deren Green Theatre Committee, um auch anderen Kultureinrichtungen die Möglichkeit zu geben, davon zu profitieren“, erläuterte Laufenberg. Das „Grüne Theater“ werde zurzeit vom Engagement und dem Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Schauspielhauses getragen, die sich dem Pilotprojekt im Rahmen ihrer Arbeitszeit widmen. „Die konsequente Umsetzung aller Maßnahmen einer nachhaltigen Strategie erfordern langfristig zusätzliche Mittel“, ist Iris Laufenberg überzeugt.

 

Es gehe laut Holldack auch darum, das „gemeinsame Verständnis für Nachhaltigkeit zu schärfen. Für uns ist das ein Wandel, der kein Ende hat.“

 

APA / 2022-02-15

DER STANDARD
2022-05-11 / Margarete Affenzeller
“Grünes Theater": Schauspielhaus Graz krempelt sich um
Green Deal for Culture – er dauert. Graz prescht vor und bereitet seinen Betrieb auf Nachhaltigkeit vor. Es geht auch um Soziales

Keine Plastikflaschen mehr auf Podien, strenge Mülltrennung, ressourcenschonende Klimatechnik, Mobilitätsberechnung, umweltverträgliche Bühnenmaterialien und Kostüme zum Recyclen: All das gehört zur To-do-Liste von Theatern der Zukunft. In der Pandemie haben Häuser hinter den Kulissen an Nachhaltigkeitskonzepten gearbeitet. In England entstand die Initiative „Theatre Green Book“, aus der neue Standards für sozial- und umweltbewusste Theaterbetriebe hervorgegangen sind. Frank Holldack kennt sie gut. Am Schauspielhaus Graz ist er Leiter des Projekts „Grünes Theater“.

 

Theater stehen, wie andere Institutionen und Unternehmen auch, vor Strukturreformen. Das Umdenken, dem sich das Theater derzeit intensiv aussetzt, umfasst aber nicht nur eine Nachhaltigkeitszielsetzung (das Schauspielhaus Graz benennt die heutige Klimalage als Ökozid), sondern auch Fragen des sozialen Miteinanders, der Diversität, der Machtgefälle, der Kommunikation et cetera. Das Anliegen und die Notwendigkeit sind groß, nicht zuletzt, um als Kulturinstitution die eigene Glaubwürdigkeit in der künstlerischen Auseinandersetzung mit drängenden Gegenwartsfragen zu stärken. Wer Wasser predigt, sollte dieses selber auch trinken.

 
ÜBERPRODUKTION

 

Als eines der wenigen Häuser in Österreich trägt das Grazer Schauspielhaus den angestrebten Wandel sichtbar nach außen und untersucht seit einem Jahr sämtliche Bereiche: die Theaterproduktion, Betriebsabläufe, Gebäudetechnik, Lieferketten. Bis Saisonende soll als gut sichtbares Zeichen die Innenfassade begrünt sein. Initiiert hat den grünen Move die in der kommenden Spielzeit scheidende Intendantin Iris Laufenberg, und man wird von ihr in Berlin dazu einiges hören. Der vielversprechende Begriff Green Deal for Culture, ursprünglich von Museen angestoßen, ist in Deutschland in aller Munde, die deutsche Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) bekannte sich kürzlich bei der Eröffnungsrede zum Theatertreffen in Berlin zu einem Green Turn. Sogar die im Zuge des Festivals vergebenen Pokale bestanden nicht aus glänzendem Blech, sondern aus gepresster Erde mit keimfähigen Pflanzensamen. Auch das Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit ist eine wichtige Anlaufstelle für das Thema Betriebsökologie im Bereich Kultur und Medien.

 
BIENENSTÖCKE, GRAUWASSER

 

Die Erkenntnisse, wie Kreislaufwirtschaft in Theatern funktionieren könnte, sind da. Allerdings fehlt es noch an einem umfassenden, entscheidenden politischen Plan. Auch in Österreich sind in den letzten Jahren Anreize für Green Events und entsprechende Gütesiegel geschaffen worden, sind Fotovoltaikanlagen und Bienenstöcke auf Theaterdächern montiert und Grauwasseranlagen und LED installiert worden. Die Initiative Kunst und Kultur 2022 von Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) gibt dahingehend wichtige Impulse, und auch das Schauspielhaus Graz teilt seine nun eruierten Daten mit diversen wichtigen Ämtern. „Aber das Ministerium greift noch nicht die großen Brocken an“, so Projektleiter Holldack. „Es würde schließlich bedeuten, sich gegen das kapitalistische System zu stellen“.

 

Und dieses verursacht am Theater zum Beispiel eine dauerhafte Überproduktion. Theater sind wie andere Betriebe auch gezwungen, immer noch mehr Neues und damit eben neu am Spielplan Verkaufbares zu produzieren. Am Schauspielhaus Graz sind es zehn Großproduktionen pro Spielzeit. Runterkommen muss man auch von der damit zusammenhängenden Geschwindigkeit, die in den Arbeitsabläufen hohen Druck erzeugt und damit auch schnelle und billige Lösungen erzwingt. Daraus folgt beispielsweise der Griff zum Billig-T-Shirt oder die rasche Onlinebestellung.

 
AUF WESSEN RÜCKEN?

 

Ganz viel von diesem Verschwendermodus komme aus vererbten Hierarchien und alten Arbeitsweisen, so Regieassistentin Anne Mulleners, die in Graz in der Arbeitsgruppe Rassismus und Sexismus aktiv ist. „Es geht auch darum, Top-down-Entscheidungen zu hinterfragen, etwa von der Regie zum Kostümbild“, sagt sie. Ihr Kollege aus der Diversitätsgruppe, Timo Staaks, fragt sich: „Auf wessen Rücken machen wir Theater, von wessen Rücken müssen wir runtersteigen. Welche Kunst machen wir für wen?“

 

Alles zusammengerechnet steht am Ende dieser Debatte eine regelrechte Unternehmenstransformation, die in nächster Zeit auf Theater zukommt. Das Schauspielhaus Graz, das nun an die Umsetzung geht, ist dafür gut gerüstet. Ziel ist es, „das nachhaltige Arbeiten zum integralen Bestandteil des Schauspielhauses zu machen. Es hat ja kein Ende“, so Holldack. „Wenn wir es konsequent denken, werden wir eine andere Kunst machen und andere Sehgewohnheiten brauchen.“

 

Theater bleibt also einem steten Erneuerungsprozess ausgesetzt – die designierte Leiterin in Graz, Andrea Vilter, wird sich ab 2023/24 damit konfrontieren müssen.

 

Margarete Affenzeller / 2022-05-11

DIE KLEINE ZEITUNG
2022-05-06 / Daniel Hadler
Grünes Theater
Schauspielhaus ergrünt innen und außen

Ressourcen sparen und verzichten, ohne bei der Kunst Abschläge zu machen: Das Schauspielhaus Graz arbeitet am Theater der Zukunft. Noch heuer wird die Fassade begrünt.

 

Nachhaltigkeit in Kulturinstitutionen bedeutete vor einigen Jahren meist, sich ein Bienenvolk aufs Dach zu stellen. Bienen hat das Grazer Schauspielhaus zwar auch, damit fängt es für das Stadttheater aber erst an. In einem umfassenden Transformationsprozess unterzieht sich das Haus derzeit einer Nachhaltigkeitsreform: „Grünes Theater“ lautet das Ziel, der Aufwand auf dem Weg dorthin ist beachtlich.

 

Dort, wo sonst Theatertexte übernommen oder recycelt werden, soll also die Nachhaltigkeit einziehen. Wer dabei an wiederverwertete Kulissen und Kostüme denkt, hat nicht unrecht. Das größte Potenzial liege aber anderswo, erklärt Ausstattungsleiter Frank Holldack, den die Mammutaufgabe zum Projektleiter werden ließ: „Der Theaterbetrieb, einschließlich Mobilität, hinterlässt mit dem Gebäude den größten Abdruck. Im Verhältnis dazu tragen die Produktionen einen geringeren Teil bei.“ Nachsatz: Das heiße nicht, dass man diesen Bereich aus den Augen verliere.

 

Ein negatives Schwergewicht fällt auf die Mobilität (mehr als 700 Flüge pro Jahr), andere Probleme sind theaterimmanent:  „Wir arbeiten unter hohem Zeitdruck, das ist immer ein Antagonist zur Nachhaltigkeit“, erläutert Holldack. Vor zwei Jahren begann der Prozess, der das gesamte 150-Personen-Haus umfasst. Die Kosten stemmt das Theater selbst.

 

Erste Projekte konnten bereits umgesetzt werden. Ein Ozonschrank zur Kleiderreinigung, E-Bus, E-Lastenrad, eine fast vollständige Umstellung auf LED-Beleuchtung oder Wasserspender statt Mineralwasser. Noch heuer folgt eine Fassadenbegrünung im Innenhof und eine Tauschbörse im Haus, 2022/23 geht es weiter.

 

„Diese Change-Prozesse sind nicht an der Oberfläche zu erreichen“, verweist Intendantin Iris Laufenberg auf Arbeits- und Projektgruppen, die sich ebenso intensiv mit ökologischen wie mit sozial-kulturellen Themen befassen, also auch mit Gesundheit, Diversität oder Kommunikationskultur. Wie soll es also sein, das Theater der Zukunft? Eine Frage, mit der sich aktuell 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv auseinandersetzen.

 

Werden Gastspiele künftig abgesagt, wenn sie ökologisch nicht zu rechtfertigen sind? Laufenberg verneint: „So würden wir das niemals sagen. Das klingt nach Verbotskultur. Wir denken aber intensiv über nachhaltigere Formen von internationalen und überregionalen interkulturellen Austauschmöglichkeiten nach.“ Ein Jahr bleibt Laufenberg noch, bevor sie zum Deutschen Theater Berlin wechselt, um ihrer Nachfolgerin Andrea Vilter ein „grüneres“ Theater zu übergeben.

 

Daniel Hadler / 2022-05-06

THEATER DER ZEIT
2022-09 / Hermann Götz
Klimawandel am Theater
Das Schauspielhaus Graz arbeitet an der Idee eines "Grünen Theaters"

Am 6. November 2021 hatte am Schauspiel­haus Graz Svenja Viola Bungartens Stück „Garland“ Premiere: eine Zauberer-von-Oz-Überschreibung, die sich ganz dezidiert dem Thema Klimawandel widmet. In Ermangelung kanonischer Texte, die auf die Brisanz dieses Themas bauen, überrascht die Fokussierung nicht. Langfristig gedacht muss der Klimawandel als notwendigerweise bestimmendes Thema auch auf die Bühne finden. Dieser Diagnose folgt die Grazer Intendantin Iris Laufenberg, die kurz vor ihrem Wechsel ans Deutsche Theater Berlin steht.

 

Nun ist die Theater-Welt berüchtigt da­für, Probleme, die auf der Bühne ambitioniert verhandelt werden, dahinter erst recht zu reproduzieren. Ähnlich berüchtigt ist ihre Tendenz, dass der schonende Umgang mit Ressourcen künstlerischen Notwendigkeiten geopfert wird – oder auch chronischem Zeitdruck. In Graz wächst ein Projekt, das sich mit solchen Erkenntnissen nicht abfinden und einen nachhaltigen Klimawandel am Theater einleiten will.

 

Für das Recherchegespräch sitzen wir im sogenannten Rauchsalon, wo seit vielen Jahren schon nicht mehr geraucht wird. Jetzt wurde er gewählt, weil seine Kubatur ausreichend Raum für Austausch mit Abstand bietet. Beides, Rauchverbot wie Corona, macht deutlich: Dinge, selbst jene, die in Stein gemeißelt schienen, können sich ändern. Manches Mal sogar schnell.

 

Sehr schnell ist auch hier im Salon klar: Für ein „Grünes Theater“ müsste sich viel ändern. Wirklich viel. Und genau das ist vielleicht das Besondere am Grazer Zugang: Man sieht dieser Notwendigkeit ins Auge. „Ich mag an diesem Projekt, dass es so ambitioniert ist, dass es nicht darum geht, am Betriebsausflug drei Bäume zu pflanzen, und dann klopfen sich alle auf die Schulter und machen weiter wie zuvor.“ Daria von Loewenich ist Schauspielerin im Ensemble und engagiert sich in einer der Arbeitsgruppen für das Grüne Theater. Es ginge, so von Loewenich, darum, sich der Komplexität des Themas zu stellen, dann aber zu sagen: „Wir gehen es in aller Ruhe an, setzen einen Schritt vor den anderen“.

 

Am Anfang standen eine Leitungsklausur, die Theatre Green Books von Paddy Dillon, der Austausch mit der Heinrich-Böll-­Stiftung, dann auch mit anderen Theatern, Think-Tanks, mit dem Bundesamt für Nachhaltigkeit. Es wurde eine Unternehmensberatung für Nachhaltigkeit eingebunden und schließlich, als der notwendige Umfang des Unterfangens immer mehr bewusst wurde, eine Projektstruktur etabliert: Für jedes identifizierte Themenfeld gibt es nun eine Arbeitsgruppe aus Mitarbeitern unterschiedlichster Bereiche, um die interne Kommunikation kümmert sich ein Stoßtrupp namens „Grüne Mission“. Das Projekt solle integraler Bestandteil des Hauses werden – nachvollziehbar für Mitarbeiter wie Zuschauer. Parallel zu den Arbeitsgruppen, die das Thema möglichst breit definieren und dabei von der „größtmöglichen Vision“ ausgehen, wurden von der Lenkungsgruppe quantitativ und qualitativ messbare Infrastruktur-Maßnahmen ausgearbeitet – von der Heizung und der Belüftung, der Beleuchtung (im Haus und auf der Bühne) über die Reinigung bis zum Fenstertausch und einer Fassaden­begrünung.

 

Für ein nachhaltiges Neu-Denken von Theater wurden neben den zentralen Faktoren Zeit und Geld auch die stark verfestigten hierarchischen Strukturen als Problemzone erkannt. „Wir sind nun einmal ein klassisch hierarchisch aufgebautes System, so lange wir das noch unterstützen und damit die ·Möglichkeit, dass eine Person komplette Prozesse der Nachhaltigkeit aus künstlerischen Gründen außer Kraft setzen kann, können wir Nachhaltigkeit im Theater nicht vollständig umsetzen.“ Frank Holldack ist Bühnengestalter, Designer und Projektleiter für das Grüne Theater in Graz. Die Theorie dazu baut auf dem Konzept der Soziokratie 3.0. Timo Staaks aus der Abteilung Theaterpädagogik spricht für die AG Diversität: „Es sollen eben nicht im Projekt die autoritären Theater-Strukturen reproduziert werden. Das Grüne Theater war von Anfang an eine Einladung: zur Selbstverwaltung, zum Mitgestalten.“ Insgesamt gehe es darum, Kunst und Betrieb, Hierarchie und Gebäude, Menschen und Ressourcen, Kunstschaffende und Publikum zusammenzudenken. Staaks: „Für wen machen wir Kunst? Und auf dem Rücken von wem machen wir Kunst? Dort sollten wir einmal runtersteigen.“

 

Ungewöhnlich an diesem Unterfangen ist tatsächlich die Einladung zum Aufstand des Theaters gegen sich selbst, seine Strukturen und sein Zeitgefühl: Ein Ort, der dafür geschaffen wurde, dem flüchtigen Augenblick maximale Präsenz zu verschaffen, ihn leuchten zu lassen, investiert seine kostbaren Ressourcen in das ebenso vage wie ferne Verspre­chen einer besseren Zukunft. Holldack: ,,Es zeigt sich, dass wir anfangen, unsere Arbeit und eben Theater nicht mehr für selbstver­ständlich zu nehmen.“ Doch wenn das Theater die Welt bedeutet, geht es nicht zuletzt darum, hier im Kleinen zu zeigen, was im Großen zu verändern ist: lt’s the system, stupid. //

 

Hermann Götz / 2022-09